Rossauer Kaserne: Unser Offener Brief

Sehr geehrte Frau Ministerin Tanner, mit großer Sorge nehmen die Bewohner:innen die Pläne des Verteidigungsministeriums auf,  die große Freifläche im Mittelhof der Rossauer Kaserne mit einem wuchtigen Bürogebäude zu verbauen. Diese Sorgen wurden seitens der Stadt und des Bezirks nicht ernst genommen und das Widmungsverfahren steht durch einen Beschluss im Wiener Gemeinderat vor seinem Abschluss. Deshalb wenden wir uns nun direkt an Sie, um das Projekt noch einmal im Interesse der Bewohner:innen am Alsergrund zu überdenken:

Der Alsergrund ist ein sehr dicht verbauter Bezirk und dies wirkt sich in den heißer werdenden Sommern negativ auf die Lebensqualität im Bezirk aus. Die Bewohner:innen sind besorgt, dass der geplante Bürobau mit spiegelnden Glasflächen die Wirkung der Sonneneinstrahlung zusätzlich verstärkt. Der derzeit vorliegende Entwurf wirkt in Zeiten der fortschreitenden Klimakrise wie aus der Zeit gefallen.

Vielmehr wünschen sich die Menschen, die in zahlreichen Stellungnahmen ihre Besorgnis gegenüber dem geplanten Bau ausgesprochen haben, eine Neugestaltung der verbliebenen Freiflächen mit mehr Grün. Dies könnte die Aufenthaltsqualität für die Menschen im Grätzl, aber auch die in der Kaserne arbeiten, stark verbessern.

Für viele Menschen bedeutet der Erhalt der Kaserne in seiner ursprünglichen Form auch einen wichtigen Bestandteil ihrer Identität. Der geplante Bau würde das denkmalgeschützte Ensemble nachhaltig beeinträchtigen. Der freie Innenhof ist integraler Bestandteil des architektonischen Konzepts. Die Freifläche könnte und sollte abgestimmt auf die aktuellen Bedürfnisse wie Begrünung zur Abkühlung als freie Fläche erhalten bleiben.

Auch müsste in dem Büro-Konzept eine Verkehrsplanung mit bedacht werden, da durch 400 zusätzliche Arbeitsplätze eine Erhöhung des Verkehrsaufkommens zu erwarten ist.

Der Mittelhof der Rossauer Kaserne dient auch als öffentlicher Durchgang – mit dem Bürobau könnten die Fußgänger:innen den Hof nur mehr durch einen Tunnel durchqueren – eine wenig einladende Variante, die wohl wenig genutzt werden würde und so die Kaserne zur Barriere zwischen den Bezirken werden ließe.

Es wäre sehr schade, wenn mit der Umsetzung dieses Plans eine Chance auf klimagerechtes Bauen mit weniger Versiegelung und entsprechender Bepflanzung vergeben wird. Das Potential der Freifläche, durchaus vergleichbar mit den Höfen des Museumsquartiers, wäre für immer vertan. Nehmen Sie bitte den Alsergrunder Kindern und nachfolgenden Generationen nicht diese Chance auf eine Freifläche im Grätzl und eine andere Nutzung.

Nicht zuletzt ist es den Bewohner:innen des Alsergrunds völlig unverständlich, warum Sie ein Bürogebäude ausgerechnet in der Rossauer Kaserne errichten wollen. In der Öffentlichkeit begründet wurde der Bau mit dem Erhalt des Standorts für die Polizeieinheit WEGA der ja in keinem Zusammenhang mit einem Verwaltungsgebäude für das Verteidigungsministerium stehen kann.

Wir ersuchen Sie daher, bitte entscheiden Sie nicht über die Köpfe der Menschen, die da leben hinweg und nehmen die Bedenken der Bewohner:innen ernst!

Mit freundlichen Grüßen
Josefa Molitor-Ruckenbauer
Stv. Bezirksvorsteherin, Die Grünen Alsergrund

Kilian Stark
Gemeinderat und Landtagsabgeordneter Wien

Unser offener Brief an die Verteidigungsministerin