SPÖ stellt Weichen für Verbauung der Rossauer Kaserne
Josefa Molitor-Ruckenbauer – Eine Verbauung der Rossauer Kaserne durch einen Bürokomplex, droht. Mit den Stimmen von SP und VP wird die Wunschwidmung ohne Stellungnahme durch den Bezirk durchgewunken – die Meinung der Bürger:innen ist ihnen dabei maximal egal.
Der Widmungsprozess zur Verbauung der Rossauer Kaserne fand in der letzten Bezirksvertretungssitzung ein demokratiepolitisch trauriges Ende. Mit den Stimmen von SP und VP wurde die Widmung ohne jede Stellungnahme durch den Bezirk abgesegnet. Trotz unserer massiven inhaltlichen Kritik daran übten sich die beiden Parteien in Schweigen ohne zu begründen, warum sie die Widmung von 30.000 m3 zusätzlichen Büroflächen in der Rossau ohne entsprechende Verkehrsuntersuchungen für wichtig und richtig erachte.
Für die vom Verteidigungsministerium gewünschte Verbauung des Mittelhofes der Kaserne mit einem Bürogebäude braucht es eine entsprechende Widmung durch den Bezirk und die Stadt (siehe unseren vorherigen Artikel zu diesem Thema). Dieser Plan lag im November in der Bezirksvorstehung auf und es gab die Möglichkeit für die Bevölkerung Stellung zu nehmen.
Widerstand aus der Bevölkerung
Wir Grüne informierten die Bewohner:innen im Grätzel über die bevorstehenden Widmungspläne und ihr Recht auf Stellungnahme. Denn die geplante Verbauung des innerstädtischen Juwels ist nicht im Sinne der Anwohner:innen, bedeutet mehr Verdichtung im ohnehin dicht verbauten Gebiet und eine vertane Chance für die Nutzung des Hofes als Entspannungs- und Grünraum.
Zahlreiche Bürger:innen nahmen von ihrem Recht Gebrauch und reichten eine Stellungnahme zu dem Widmungsverfahren ein. Laut Auskunft im Bauausschuss am 30.11. (der letzte Tag der Einreichung) langten insgesamt 75 Stellungnahmen, 70 davon sprachen sich gegen die Verbauung der Rossauer Kaserne aus. Dennoch konnten wir die SP und VP nicht davon überzeugen, sich für eine bessere Nutzung der Kaserne, die auch den Weltkulturerbestatus respektiert, einzusetzen.
So wurde der vorliegende Widmungsplan im Bezirksparlament mit Stimmen von SP und VP mit nur einer Stimme Mehrheit ohne jegliche Berücksichtigung der Anliegen der Bürger:innen und ohne das nach den Regeln der Stadt vorgesehene Partizipationsverfahren durch gewunken. Der Bauausschuss-Vorsitzende erklärte in seinem Schlusswort zur Debatte das Verständnis der SP von Partizipation: Die Bürger:innen hätten die Möglichkeit zur Stellungnahme gehabt. Das ist aus Sicht der SP der ‚Partizipation‘ genug.
In diesem SP-Verständnis von ‚Partizipation‘ gibt es für die politische Vertretung offensichtlich keine Verantwortung diese Anliegen aufzunehmen. Ohne Diskussion zu den Bedenken der Bürger:innen wurde der Plan mit einer Stimme Mehrheit von SP und VP im Bezirksparlament beschlossen. Ein trauriger Höhepunkt von Abgehobenheit und Zukunftsvergessenheit der regierenden SP in der Geschichte der Alsergrunder Bezirkspolitik.
Wir Grüne bedanken uns bei den vielen Menschen im Bezirk, die sich die Mühe gemacht haben, ihre Anliegen in Form einer Stellungnahme einzubringen! Der ignorante Umgang der SP-Bezirksvorstehung mit dieser Partizipationsmöglichkeit ist aus unsrer Sicht fahrlässig und demokratiegefährdend. Daher unsere Bitte: Bleiben sie dran – ihre Stimmen sind nicht ungehört!
Wir bleiben in jedem Fall dran und kämpfen auf Stadtebene weiter gegen die geplante Wunschwidmung.
Stimmen aus der Bevölkerung
Viele Bürger:innen haben sich Gedanken zur geplanten Widmung in der Rossauer Kaserne gemacht und diese Überlegungen in Form von Stellungnahmen dem Bezirk mitgeteilt. Einige haben uns ihre Anliegen übermittelt. Wir veröffentlichen hier einen Auszug der Anliegen, damit dieses Engagement nicht nur im ‚Partizipations-Mistkübel‘ der SP landen:
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„Von der geplanten Form der Verbauung des Kasernenhofes bitte Abstand nehmen: Unter Stelzen mag man nicht gerne hindurchgehen. Der gläserne Aufbau ragt über die umliegenden Häuser hässlich hinaus. Ein Verwaltungsgebäude soll Gediegenheit und nicht Mut zum Neuen ausstrahlen.“
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„Nachdem die Rossauer Kaserne eine große, unbebaute Fläche in der Stadt einschließt und die Stadt gleichzeitig immer enger wird (Gebäude, Menschen) muß diese Innenstadtfläche völlig als begrünter Frei-/Kultur- und Entspannungspannungsraum der Bevölkerung zur Verfügung stehen. Kein Bürogebäude, keine Umwidmung der Rossauerkasernenfläche!“
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„Spiegelnde Glasfassaden sind zudem ein ökologisches No-Go v.a. aus thermischen und Vogelschutzgründen– auch wenn „passive Bauelemente“ und „Ressourcenschonung“ angeführt werden. Bitte kein Bürogebäude und keine Umwidmung der Rossauerkasernenfläche, stattdessen 100% Frei- und Entspannungspannungsraum.“
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„Die Kaserne ist nicht nur ein historisches Erbe, sondern auch ein bedeutender Teil unserer lokalen Identität. Ihr Erhalt ist wesentlich für die Bewahrung unserer Geschichte. Der geplante Bau würde das denkmalgeschützte Ensemble nachhaltig beeinträchtigen.„
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„Beim Durchqueren des Innenhofs der Rossauer Kaserne wird deutlich, dass hier mehr Grün Sinn machen würde. Nicht nur Gewächse in Betongefässen, sondern Bäume, die das Mikroklima wirkungsvoll beeinflussen können. Die Aufenthaltsqualität könnte verbessert werden, nicht nur für uns Bewohner*innen der Gegend, sondern auch für die Menschen, die dort arbeiten. Das von Zechner & Zechner geplante Gebäude wirkt seltsam unmodern, es berücksichtigt die o.a. Gesichtspunkte kaum. Die spiegelnden Glasflächen würden zudem die Wirkung der Sonneneinstrahlung verstärken. Bitte überdenken Sie die Planung und die Widmung aus Sicht der uns heute zur Verfügung stehenden Erkenntnisse. Es wäre sehr schade, wenn mit der Umsetzung dieses Plans eine Chance auf klimagerechtes Bauen mit weniger Versiegelung und entsprechender Bepflanzung vergeben wird.“
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„Die Rossauer Kaserne ist ein einzigartiges historisches Ensemble in zentraler Lage. Der freie Innenhof ist integraler Bestandteil des architektonischen Konzepts. In auf aktuelle Bedürfnisse abgestimmter neuer Nutzung, etwa einer Begrünung im Interesse des Klimaschutzes, müsste er jedenfalls als Freifläche erhalten bleiben. Eine Verbauung mit Büroraum wäre sowohl geschichtsvergessen als auch blind gegenüber den aktuellen Bedürfnissen der Bevölkerung in diesem Grätzel.“