Bilanz Fuzo Servitengasse: Das Gegenteil von Gut ist Gut gemeint
Josefa Molitor-Ruckenbauer – Lange hat es gedauert, endlich ist es fertig: das Prestige-Projekt der Bezirksvorsteherin. Nach drei Jahren Umsetzungsdauer könnte man glauben, dass die Anrainer:innen intensiv miteinbezogen wurden. Aber leider weit gefehlt – das Endprodukt ist zwar teilweise gelungen, allerdings im Detail wurden dabei viele Chancen vertan. Vor Ort wird deutlich wie wenig Beachtung die SPÖ-Bezirkvorstehung den Wünschen der Menschen beim Planen geschenkt hat.
Vor allem das große, vordergründige Ziel den Kirchenplatz endgültig autofrei zu machen, ist bisher nicht erreicht. Aus der unangenehm befahrenen Wohnstraße Servitengasse wurde derzeit die meist befahrene Fußgänger:innen-Zone von Wien. Mit diesem Projekt angefangen von der missglückten Bürger:innen-Beteiligung bis zur halbherzigen Umsetzung überzeugen die SP-Bezirksvorsteherin und ihr Stellvertreter nicht. Bleibt zu hoffen, dass sie sich noch etwas einfallen lassen, um das anhaltende Durchfahrtsproblem in der FuZo in den Griff zu bekommen!
Wir Grünen waren von Anfang an über die Priorisierung der Servitengasse der SP zur Umgestaltung nicht überzeugt. Es hätte viele andere Plätze am Alsergrund gegeben, die unter weniger Grün und mehr Verkehr leiden. Nun die Wahl der SP-Bezirksvorsteherin fiel auf die Servitengasse und wir haben versucht das Beste herauszuholen. Mit großer Unterstützung der Bürger:innen forderten wir eine Erweiterung der FuZo-Idee auf die Grünentorgasse und nördliche Servitengasse.
Fazit: Gelungen ist die Erweiterung der Grünentorgasse bis zur Müllnergasse – das ist ein echter Gewinn an Platz für Menschen und Grün (Bleibt zu hoffen, dass die derzeitigen Steinbeete im Frühjahr ihr Versprechen auf mehr Grün entfalten). Misslungen ist die Erweiterung der nördlichen Servitengasse und des kurzen Stückes Grünentorgasse von der Hahngasse. Dort gibt es weiterhin Durchzugsverkehr und rumstehende Autos. Die Aufenthaltsqualität hat sich trotz einiger Bäume nur wenig verbessert.
Alles in allem in Teilen eine schöne Erweiterung und Begrünung des bereits sehr schönen Platzes, die allerdings nicht mit der Bevölkerung, sondern für die Bevölkerung gemacht wurde und einem Haufen vertanen Chancen. Die wirklichen Problemstellen im Grätzel wurden nicht angegangen. Deshalb unsere Einschätzung zum SP-Vorzeige-Projekt: das Gegenteil von gut ist gut gemeint.
Hier noch eine Übersicht über die Details, die aus unserer Sicht gelungen und misslungen sind:
Mehr Platz und GrünRAUM
Die Erweiterung der Fußgänger:innen-Zone in Richtung Müllnergasse ist ein echter Gewinn. Dort ist ganz viel neuer Platz für Menschen entstanden sowie auch neue Bäume und die klimasicher nach dem Schwammstadt-Prinzip. In diesen Teil der Gasse brannte die Sonne und ein paar Autos parkten, die Wohnstraße und damit das Durchfahrverbot wurden ständig ignoriert. Die Aufenthaltsqualität war nicht vorhanden. Nun gibt es dort Platz zum Spielen, Laufen und hoffentlich auch bald Sitzen und es fahren deutlich weniger Autos durch als bisher.
Beeindruckend auch wieviel mehr Platz in der Servitengasse durch das Einsparen einer Handvoll Parkplätzen entstanden ist – auch das ist ein Gewinn.

WINZIGE GEHSTEIGE
FÜR Fußgänger:innen
Die Gehsteige in dem kleinen Stück der Grünentorgasse (von der Hahngasse kommend) waren schon immer eine Zumutung für Fußgänger:innen. Viele Menschen sind zu Fuß in dem engen Gassenzug unterwegs auf dem Weg ins Servitenviertel oder zur U-Bahn. Dazu kommen Menschen, die vor dem Lokal in der Gasse stehen.
Bei so einer unzufriedenstellenden Situation sollte man glauben, dass es bei einem großen Umgestaltungsprojekt zu Verbesserungen kommt. Aber mitnichten – in dem Bereich hat sich nichts verändert – ausser dass das Stück nun als Wohnstraße markiert ist – die allerdings wie schon zuvor nicht beachtet wird.

Einladung zum Durchfahren
Statt einer Schwelle
Nachdem bei den Planungen durch die Bezirksvorstehung dieses Stück der Grünentorgasse nicht angegriffen wurde, forderten wir Grüne zumindest eine Schwelle bei der Einfahrt, damit die neue Wohnstraße sichtbar wird und die Durchfahrt reduziert und wenn dann im Schritttempo erfolgt.
Die ‚Schwelle‘, die dafür umgesetzt ist, wirkt wie ein Hohn. Hindernis in der Durchfahrt und Aufmerksamkeit für die Wohnstraße erreichen diese schwarzen Platten nicht. Außer Geldverschwendung kann man da nur sagen ‚Danke für Nichts!‘.
Wohnstraße unsicherer
als zuvor
Die Umsetzung der neuen Wohnstraße (Grünentorgasse/Servitengasse) ist so gestaltet, dass es leider zu einer Erhöhung der Unsicherheit für Menschen zu Fuß kommt. Der Zebrastreifen ist verschwunden (wegen der Wohnstraße), die Fahrbahn ist so angelegt, dass eine schöne Kurve die PKW zum raschen Durchfahren einlädt. Für Kinder ist die Überquerung der Straße nun schwieriger als zuvor. Gestaltungsmaßnahmen, die das Durchfahren schwieriger machen, wurden nicht gesetzt. Der Fahrbahncharakter wurde erhalten und damit wird das Schritttempo nicht eingehalten.
Zudem kommen die erhaltenen Parkplätze in der nördlichen Servitengasse – die zusätzlichen Verkehr verursachen und die Aufenthaltsqualität in der Gasse nicht verbessern.

Stiefkind
nördliche servitengasse
Die nördliche Servitengasse bleibt auch nach der Umgestaltung das ungeliebte Kind der Bezirksvorstehung. Ein paar Bäume wurden zwar gepflanzt und ein paar Einzelstühle aufgestellt. Autos parken weiterhin in der schmalen Gasse (derzeit sogar noch auf den neuen Gehsteigvorziehungen!). Damit gibt es weiter Parkplatzsuch- und Durchzugsverkehr und viel zu wenig Platz für die Menschen zu Fuß. Diese Umsetzung ist ausgesprochen halbherzig und wenig visionär.

Falscher Platz für den Markt
Anstatt den neu entstandenen Raum in der Grünentorgasse für den Wochenmarkt zu nutzen, bleiben die Marktstände ausschließlich auf dem Kirchenplatz. Dort ist es besonders in den warmen Monaten schon relativ eng und der Markt verdrängt die anderen Nutzer:innen. Nachdem nun neuer Raum entstanden ist (inklusive Stromversorgung), wäre es doch sinnvoll diesen neuen Raum mit zumindest ein paar Standeln zu nützen und damit vor der Kirche wieder Platz für Aufenthalt zu schaffen! Warum das Marktgebiet nun ausschließlich wieder auf dem Kirchenplatz entstanden ist, erschließt sich Menschen, die den Platz und ihre Nutzer:innen kennen, absolut nicht.
Eine Aufstellung der Stände in der neuen FuZo Grünentorgasse und auch Servitengasse wäre auch ein klares Signal an alle PKWs, die immer noch durchfahren. Eine weitere vertane Chance.

Bänke und Radständer
Die neuen Bänke und Sitzgelegenheiten im umgestalteten Bereich waren bei der pompösen Eröffnung durch die Bezirksvorsteherin immer noch nicht aufgestellt, kurz vor Weihnachten wurden sie nun geliefert. Sehr viele Einzelsitze (die durchaus ihre Vorteile für ältere Menschen haben), allerdings leider wenig unterschiedliche Sitz-Angebote. Entdeckt haben wir keine Tisch-Bank-Lösungen, die vor allem von jungen Menschen gerne zum konsumfreien Aufenthalt im Freien genutzt werden und auch wenige, neue längere Bänke.
Diese etwas erratische Aufstellung ist auch wieder ein Hinweis, dass das lokale Know-How der Nutzer:innen nicht einbezogen wurde. Unsere oftmalige Aufforderung an die Bezirksvorstehung die Standorte mit den Anrainer:innen abzustimmen, damit es genügend Platz für alle gibt, wurde bedauerlicherweise nicht aufgenommen. So ist auch die unmotivierte Aufstellung der 10 Radbügel am Ende der nördlichen Servitengasse zu erklären und die fehlenden an anderen Stellen.
